Hungarica!

(Sommer 2023) Wehmütig seufzen darf man beim Konzert der Musikfreunde Heidelberg gelegentlich auch. Doch das sind eher Pausen, bis das ungarisch-rumänische Programm wieder munter loslegt. Als einer der vielen Höhepunkte überrascht eine Solistin, die dem Zymbal furiose Rhythmen entlockt.

Nichts kann einen asymmetrischen Rhythmus stoppen, insbesondere wenn er zum Rundtanz einlädt. Daher spielen ihn Musikkapellen dies- und jenseits des rumänisch-ungarischen Schlagbaums. Darüber hinaus tauschen sie seit jeher Akkorde, vertrackte Tonfolgen und ganze Lieder aus, was zu einem grenzenlosen musikalischen Reichtum führte. Dieser ging von Siebenbürgen um die Welt, von Bauernhochzeiten bis in die Konzertsäle. Der Stilmix gehört also zur DNA dieser Volksmusik, die auch auf ein klassisches Orchester wie die Heidelberger Musikfreunde übergesprungen ist: Sie konzentrieren sich zwar auf ein ungarisch-rumänisches Programm, aber zwischen originalem Joc cu bâta (Stabtanz) und Leánytánc (Mädchentanz) schleicht sich ein echt italienischer Csárdás ein.Doch was heißt schon original? Der Ungar Béla Bartók trat an, für sein Land eine Nationalmusik zu komponieren, um dann bei Feldstudien in Osteuropa festzustellen, dass das einzig Verbindende der muntere regionale Austausch war. Folgerichtig sagte er, dass er mit seiner Musik lieber der Verbrüderung der Völker dienen wolle.

Schon wer eine Verbindung zwischen den ausgewählten Komponisten sucht, findet ein einträchtiges Klassentreffen: Der Primus Ernö Dohnányi studierte in der Budapester Musikakademie, wo später Bartók dazukam, der mit Zoltán Kodály befreundet war. Zur selben Zeit unterrichtete dort Leó Weiner Kompositionslehre, einer seiner Studenten war wiederum Ferenc Farkas. Großzügig kann man Vittorio Monti als italienischen Austauschschüler einordnen, der schon Jahre zuvor vom Wirtshaustanz (eine Csárda ist schlicht eine Dorfschänke) mitreißen ließ. Sämtliche ihrer Werke sorgten über hundert Jahre lang für das kribbeligste Publikum, das jemals in Konzertsälen saß – und die Musikfreunde gedenken, ihm noch weiter einzuheizen. Dass viele Stücke „Tanz“ im Titel tragen, dürfte zumindest manche Schuhspitze beflügeln. Wer zudem vielleicht erstmals das wirbelnde Spiel einer Zymbal-Spielerin sieht, wird es im ganzen Körper spüren. Nicht zuletzt erleben die Besucherinnen und Besucher ein Orchester, das unter Starkstrom zu stehen scheint. Diese einmalige Kombination beschwingt jede und jeden noch lange nach dem Heimweg.

Die Solistin

Valiantsina (Valentina) Batura wurde 1991 in Borisow, Weißrussland geboren. In der heimatlichen Musikkultur ist ihr Instrument, das Zymbal, tief verwurzelt. Ihre musikalische Ausbildung absolvierte sie am Staatlichen Musikkonservatorium, die sie mit Gewinnen bei internationalen Wettbewerben krönte.

Seit sechs Jahren lebt Valiantsina Batura in Heidelberg und konzertiert mit dem Zymbal vorwiegend im Rhein-Neckar-Raum. Darüber hinaus tritt sie nicht nur außerhalb Deutschlands auf, sondern unternimmt auch Ausflüge in mannigfaltige Musikgenres.

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